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BIBM Congress 2021- Europäische Betonfertigteilindustrie tagte erfolgreich in Kopenhagen



Mit einer coronabedingten eineinhalbjährigen Verspätung fand vom 14. bis 16. November 2021 der 23. BIBM Congress in Kopenhagen statt. Der europäische Betonfertigteilverband Bureau International du Béton Manufacturé (BIBM) hatte gemeinsam mit den Organisatoren der BCF – Building Congress Forum GmbH in die dänische Hauptstadt eingeladen. Rund 350 Personen fanden sich zu dem Branchenevent aus ganz Europa ein und tagten im Tivoli Congress Center unter den in Dänemark geltenden Sicherheits- und Hygienevorschriften. Schwerpunkt des Fachprogramms war das Bauen mit Fertigteilen in den nordischen Ländern. „The Future of European Construction – Precast Excellence in Nordic Countries“ lautete daher auch das Kongressmotto. Neben Best Practice-Beispielen aus diesen Ländern standen Megatrends wie die Digitalisierung, Kreislaufwirtschaft und Dekarbonisierung auf der Agenda.


Branche im Fokus

Eine erhöhte Nachfrage, steigende Preise, die Ressourcenknappheit sowie striktere Klimaschutzanforderungen stellen die Baubranche vor enorme Herausforderungen, betonte der niederländische BIBM-Präsident Bart van Melick per Video in seiner Eröffnungsrede. Beton stehe als meistverwendeter Baustoff der Welt dabei besonders im Fokus. Angesichts der vielen positiven Eigenschaften des Betons und den Vorzügen von Betonfertigteilen blicke er dennoch optimistisch in die Zukunft. Auch wenn der Weg dorthin sicher nicht einfach sei, die Branche verfüge über ein hohes Innovationspotenzial und biete Lösungen für die Zukunft. Dies demonstrierten auch die Beiträge auf dem Kongress.


BIBM-Generalsekretär Alessio Rimoldi und die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit, Magdalena Herbik, stellten zunächst die geplanten Maßnahmen im Rahmen des „European Green Deal“ und deren Auswirkungen auf die Branche vor. Die EU-Kommission strebt damit ein klimaneutrales Europa bis zum Jahr 2050 an. Hierfür sollen bis 2030 die Netto-Treibhausgasemissionen um mindestens 55% gegenüber 1990 gesenkt werden. In ihrer Präsentation zeigten sie auf, welchen Beitrag die Betonfertigteilindustrie zur Erreichung dieser Klimaschutzziele leisten kann. Sie verwiesen dabei auf die Neuauflage des „Little Green Book“, das die vielfältigen Vorteile von Betonfertigteilen kompakt darstellt und auf dem BIBM-Kongress erstmals an die Öffentlichkeit verteilt wurde. Seamus McKeague, Präsident der International Prestressed Hollocore Association und Geschäftsführer der Creagh Concrete Products Ltd, ging im Anschluss auf einige der Vorzüge wie Brandschutz, kürzere Bauzeiten oder die Gestaltungsvielfalt ein und stellte realisierte Wohn- und Gewerbebauten in Großbritannien und Irland vor.


Best Practice aus Skandinavien und Finnland

Interessante Impulse boten die Beispiele aus den skandinavischen Ländern und Finnland. Sie nehmen in Sachen Vorfertigung eine Vorreiterrolle ein. Architekt Bo Christiansen, Scaledenmark, erläuterte, wie Kopenhagen neue Standards für eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung setzt. Mit gestalterischer Sensibilität, politischer Weitsicht und grüner Mobilität hat sich die dänische Hauptstadt auf den Weg zur bereits 2025 CO2-neutralen Metropole gemacht. Die Stadt lebenswerter machen und mit ihren Gebäuden einen Mehrwert schaffen, das ist auch das Anliegen von JAJA Architects. Kathrin Susanna Gimmel stellte exemplarisch das Parkhaus Lüders im ehemaligen Hafen vor. Mit seinen acht Etagen sorgt es für ausreichenden Parkraum und bietet gleichzeitig auf dem Dach einen Ort, der zu Spiel, Sport und Verweilen einlädt. Im Rahmen des Forschungsprojektes „Ressource Blokken“ befasst sich das Büro aktuell mit dem Aufbau einer Wohnsiedlung aus Betonfertigteilen, die bereits in den 60er und 70er-Jahren verwendet wurden. Das Upcycling unterstützen und neben Betonfertigteilhersteller auch „Betonfertigteilwiederverwender“ werden, war daher ihr Aufruf an die Branche. Zukunftsweisend war auch der Beitrag des finnischen Architekten Kimmo Lintula, K2S Architects. Er präsentierte nachhaltige Architektur aus Beton, bei der innovative Technologien wie Betonkernaktivierung zur Anwendung kamen.


Kreislaufwirtschaft mit Betonbauteilen

Das Thema „Nachhaltigkeit“ zog sich wie ein roter Faden durch das Programm. Beiträge zu Forschungsprojekten wie SeRaMCo (Secondary Raw Materials for Concrete Precast Products) von Prof. Dr.-Ing. Christian Glock, Technische Universität Kaiserslautern, oder zu den von Zuzana Tatáková, Projektmanagerin bei FENIX TNT, vorgestellten Projekten VEEP und RE4 (RE4 – REuse and REcycling of CDW materials and structures in energy efficient pREfabricated elements for building REfurbishment and construction), zeigten die Potenziale von Betonfertigteilen in Sachen Kreislaufwirtschaft auf. So wurden durch die Optimierung der Mischungen für Recyclingbeton neue Anwendungen auch für tragende und nicht tragende Betonfertigteile entwickelt. Außerdem ermöglichen das Recycling von Bau- und Abbruchabfallmaterialien sowie der Einsatz von demontablen Fertigelementen Gebäude, deren Bauteile am Ende des Lebenszyklus vollständige demontiert und wiederverwertet werden können. Dadurch kann das Abfallaufkommen signifikant reduziert werden.


Ein weiteres Beispiel hierfür ist das Projekt „Circle House“. Es zeigt, dass zirkuläres und gleichzeitig preiswertes Bauen auch in der Praxis realisiert werden kann. In einem neu erschlossenen Wohngebiet bei Aarhus in Dänemark entstanden die weltweit ersten nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft gebauten Sozialwohnungen. Kasper Guldager Jensen, Mitgründer Home.Earth, und Topi Paananen, Peikko Group, berichteten über das Objekt und die eingesetzte innovative Verbindungstechnik, die einen einfachen Rückbau der Betonfertigteile ermöglicht.


Wege zu einer Dekarbonisierung

Einen wesentlichen Beitrag zur Senkung des ökologischen Fußabdrucks der Bauwirtschaft ermöglicht die Dekarbonisierung. Neben neuen CO2-effizienten Rohstoffen für die Zementklinker- und Betonherstellung spielen dabei vor allem die Abscheidung von CO2 im Zementwerk und dessen Nutzung beziehungsweise Speicherung (Carbon Capture und Utilisation/Storage) eine wichtige Rolle. Claude Loréa, Geschäftsführerin der Global Cement and Concrete Association in Brüssel, zeigte den Plan der Zement- und Betonindustrie zur Erreichung der „Netto-Null“-CO2-Emissionen bis 2050 auf. Anne Rønning, Østfold Research Institute, und Christian John Engelsen, Research Scientist Infrastructure aus Norwegen stellten ihr Forschungsprojekt zur Bindung von CO2 in Beton vor. Für Prof. Karen Scrivener, Universität Lausanne, ist der Einsatz von Beton angesichts des steigenden Baubedarfs und des begrenzten Holzbestands unverzichtbar. Sie setzt für die Zukunft auf klinkerarme Zemente, bei denen ein erheblicher Teil des Kalksteins durch Tone ersetzt wird, der vorkommen erheblich sind und deren Potenzial noch kaum ausgeschöpft ist.


Die Kommunikation und Interaktion mit den politischen Entscheidungsträgern ist ein weiterer wichtiger Aspekt in der Nachhaltigkeitsdebatte. Eine der Hauptaufgaben ist es, die oftmals verfestigten Meinungen über Substitute wie Holz als vermeintlich „nachhaltigeren“ Baustoff zu durchbrechen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu erhalten. Denn diese basieren häufig nicht auf wissenschaftlichen Fakten, sondern auf Emotionen. John-Erik Reiersen, Geschäftsführer des norwegischen Betonfertigteilverbandes berichtete über seine persönliche und datengestützte Herangehensweise.


Einsatz im Straßen-, Garten- und Landschaftsbau

Betonfertigteile kommen vielfach im Straßen-, Garten- und Landschaftsbau zum Einsatz. Sogge Johnsen, Product Manager bei Basal informierte in diesem Zusammenhang über innovative nachhaltige Trends beim Regenwassermanagement. Stef Maas, Geschäftsführer des belgischen Betonfertigteilverbandes, stellte die beeindruckende Infrastruktur des flämischen Radwegenetzes vor. Es wurde vor einigen Jahren um eine Route mitten durch die Teichlandschaft De Weijers in der Provinz Limburg erweitert. Der Radweg führt von einem Ufer zum anderen. Nass wird man dabei nicht, denn der unterhalb des Wasserspiegels angelegte Radweg ist zu beiden Seiten mit Mauern aus Betonbauteilen befestigt und bietet dadurch ein einmaliges Fahrerlebnis.


Herausforderung Digitalisierung

Ein Zukunftsthema, das auf dem BIBM Congress nicht fehlen durfte: die Digitalisierung. Wie kann die digitale Transformation im Bausektor gelingen? Wo liegen die Herausforderungen bei der Umsetzung im Werk? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der Beitrag von Christophe Sykes, Generaldirektor der Construction Products Europe. Aufgrund der dezentralen Bauproduktion werden die Potenziale oft nicht ausreichend genutzt. Es fehle an vielen Stellen noch an der notwendigen Transparenz und Kommunikation. Ein Baustein der Digitalisierung ist Building Information Modeling (BIM). Spezialist Brian Rasmussen, Bravida Denmark A/S, berichtete aus seiner Praxis und über die Hürden, die es bei der Implementierung von BIM im Unternehmen zu überwinden gelte. Alejandro Lopéz Vidal vom spanischen Betonfertigteilverband plädierte in seinem Beitrag dafür, sich als Branche frühzeitig mit der Digitalisierung und deren spezifischen Herausforderungen auseinanderzusetzen. Neue Methoden wie BIM und innovative Technologien wie der 3D-Betondruck, Augmented Reality usw. böten Chancen, um die Effizienz im Betrieb zu erhöhen und sich einen Wettbewerbsvorteil zu sichern.


Dies entsprach auch der Ansicht von Prof. Benjamin Kromoser von der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU). So weisen angesichts des herrschenden Fachkräftemangels neue digitale Planungs- und automatisierte Fertigungsmethoden ein hohes Potenzial auf, um die Produktivität deutlich zu steigern. Außerdem führte er weitere Stellschrauben auf, um effizienter und ressourcenschonender in der Betonfertigteilindustrie zu produzieren. Ansatzpunkte gäbe es beim Material, bei der Struktur sowie der Herstellung.


Innovationen der Zulieferindustrie

Auf große Resonanz stießen bei den Teilnehmenden auch die zwei „Innovation Workshop Sessions“. Hier präsentierten ausgewählte Aussteller:innen in kompakten Fachvorträgen ihre technischen Lösungen für den Produktionsalltag. Eine Ausstellung mit 73 Unternehmen aus der internationalen Zuliefer-, Maschinen- und Softwareindustrie begleitete den Kongress, allen voran der Hauptsponsor des Kongresses, die BASF Master Builders Solutions.


Internationales Networking

Für die Begleitpersonen bot das Rahmenprogramm Gelegenheit, die dänische Hauptstadt etwas näher kennenzulernen. Ein Highlight für alle war die Abendveranstaltung im historischen Langelinie-Pavillon. Das großzügig dimensionierte denkmalgeschützte Gebäude der 1950er Jahre erlaubte nicht nur einen herrlichen Ausblick über die Skyline und den Hafen von Kopenhagen, sondern bot mit seinem Ambiente im Mid-Century Style des dänischen Interior Design auch einen würdigen Rahmen, um den ersten Kongresstag gemütlich ausklingen zu lassen.


Sich ohne Einschränkungen weiterbilden, mit den Kolleginnen und Kollegen sowie Marktpartner:innen unterhalten und fachsimplen – für ein paar Tage fühlte man sich auf dem BIBM Congress in „normale“ Zeiten zurückversetzt. Ein Zustand, der in absehbarer Zeit hoffentlich für alle und überall wieder möglich sein wird.


Der nächste BIBM Congress findet 2023 statt. Der Ort wird im Frühjahr 2022 bekanntgegeben.


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